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Die Schönheit der Chemie

Chemikerin Anna Malyshenko auf ihrem Weg zu nachhaltigen Innovationen in der Grünen Chemie. 

Anna Malyshenko kam im Jahr 2022 aus der Ukraine nach Österreich und konnte als analytische Chemikerin rasch Fuß fassen. Sie entwickelt am IMC Krems innovative und grüne Methoden für die effiziente Trennung und Analyse von Naturstoffen unter Verwendung nachwachsender Rohstoffe.

Anna Malyshenko im Labor
Anna Malyshenko, PhD, MSC ist Senior Lecturer im Institut Applied Chemistry am IMC Krems. In ihrer Forschung konzentriert sie sich auf nachhaltige Innovationen in der Grünen Chemie.

Die Liebe zu den Naturwissenschaften war Anna Malyshenko wohl in die Wiege gelegt: Beide Großeltern widmeten sich der Radiophysik, ihre Eltern der Mathematik. Ihren eigenen Weg fand sie mit dem Studium der Chemie und ihrem Spezialgebiet Analytik. Als sie das Chemie-Studium begann, war sie auf ein komplexes und schwieriges Fachgebiet eingestellt. Schnell erkannte sie jedoch auch die Schönheit dieser Wissenschaft: „Neben den theoretischen Aspekten fasziniert mich vor allem die Möglichkeit, Experimente durchführen und die Gesetzmäßigkeiten auch im Labor überprüfen zu können. Das kommt meinem Naturell entgegen.“

Der Einsatz nachwachsender Rohstoffe und Umweltschutzthemen faszinieren Anna Malyshenko. Als „grüne Chemikerin“ entwickelt sie aus nachwachsenden Rohstoffen innovative Materialien, die langfristig problematische Chemikalien ersetzen können: „Grundsätzlich versuchen wir, in der grünen Chemie erneuerbare Rohstoffe so umzuwandeln, dass sie für Spezialanwendungen zur Verfügung stehen. Dabei kommen Syntheseprozesse zum Einsatz, die weniger Energie benötigen und ohne toxische Materialien auskommen.“

Trennung von Spiegelbildern im Labor

Im Moment forscht Anna Malyshenko an Materialien, die chirale Moleküle effizient trennen können. Chiral bedeutet, dass Moleküle chemisch ident aufgebaut sind, sich aber wie Bild und Spiegelbild verhalten. Der kleine Unterschied kann gravierende Konsequenzen haben. So kann etwa eine Form des Moleküls ein aktiver Wirkstoff sein, während die andere Form inaktiv ist, oder sogar negative Effekte hat. Beim bekannten Schmerzmittel Ibuprofen wirkt z.B. nur eine Form, beim Schlafmittel Contergan/Thalidomid war das Spiegelbild der wirksamen Komponente für Missbildungen bei Neugeborenen verantwortlich. Effiziente Methoden zur Trennung von Bild und Spiegelbild sind also äußerst wichtig.

In ihren Forschungsprojekten geht es darum, chromatographische Methoden aktiv zu verbessern. Gemeinsam mit Forschenden der BOKU Tulln arbeitet sie an Trennmaterialien aus nachwachsenden Rohstoffen, die umweltschonend modifiziert werden. Diese Stoffe kommen bereits testweise an mehreren europäischen Forschungseinrichtungen zum Einsatz. In einem weiteren Projekt arbeitet Anna Malyshenko gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen aus afrikanischen Ländern an der Evaluierung von Pflanzen für die Gewinnung von Bioethanol. Die Analyse der pflanzlichen Zwischenprodukte gelingt einmal mehr mit chiralen Trennmaterialien. Die ersten Ergebnisse sind sehr erfreulich und erlauben die Produktion von Bioethanol in vergleichsweise hohen Mengen.

Leidenschaftlich Lehrende

Anna Malyshenko unterrichtet am Institut für Applied Chemistry des IMC Krems auch analytische Chemie. Die einzigartige Energie von Studierenden fasziniert sie und es bereitet ihr Freude, deren Fortschritte zu beobachten und diesen Prozess mitzugestalten. Bei der Vermittlung vermeintlich trockener Lehrinhalte setzt sie auf interdisziplinäre Erfahrungsvermittlung und baut Umweltschutzthemen aktiv in die Lehre ein. Theorieblöcke kombiniert sie mit praktischen Übungen und sieht es als schöne Bestätigung, wenn Studierende komplexe Fragestellungen verinnerlichen und Ergebnisse produzieren. Sie liebt es, ihre Leidenschaft für Chemie weiterzugeben und freut sich über das Funkeln in den Augen der Studierenden, wenn das passiert.

Mehr als sechs Jahre war Anna Malyshenko Associate Professor an der Bogomolets National Medical University in Kyiv. Gemeinsam mit ihrer Familie floh sie im Juli 2022 nach Österreich, weil ihr Mann hier Freunde hatte, die sie unterstützen konnten. So gelang es ihnen, als Familie ein neues Leben aufzubauen: „Zuerst dachte ich, dass ich erst Anschluss finden würde, wenn ich perfekt Deutsch gelernt hätte. Aber kurz nach der Ankunft erfuhr ich von einer PostDoc Stelle an der BOKU Tulln, wo ich wertvolle Erfahrungen sammeln konnte. Seit Februar 2023 arbeite ich als Senior Lecturer am IMC Krems und freue mich über diese großartige Möglichkeit, in Lehre und Forschung aktiv sein zu können.“ Mit Stolz beobachtet sie, wie schnell ihre beiden Töchter Deutsch lernen und arbeitet hart daran, ihre eigenen Sprachkenntnisse weiter zu verbessern. Dass ihre Qualifikationen in Österreich geschätzt werden, freut sie: „Ich habe Glück, derartige Chancen zu erhalten und das machen zu dürfen, was ich so sehr liebe.“
 
Autorin: Astrid Kuffner

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