Wie der IMC-Absolvent Lukas Wieser die letzte Meile der Logistik mit myflexbox transformiert und den Weg für eine grünere Zukunft in Europas Städten ebnet.
Story
Green Commerce
Lukas Wieser, Founder und Co-CEO von myflexbox, hat mit seinem Unternehmen eine mittlerweile europaweit bedeutende Innovation im Bereich Logistik und Smart Cities geschaffen. Das große Jahres-Voting 2023 von TrendingTopics.eu zum Thema „Green Commerce“ in der Kategorie „Logistics“ hat myflexbox auf Platz 1 beendet. myflexbox bietet eine Lösung für die letzte Meile der Lieferkette durch ein Netzwerk von offenen Paketstationen, die bereits in ganz Deutschland und Österreich verteilt sind. Das Unternehmen hat bis dato 75 Millionen Euro an Finanzierung erhalten, um seine Expansion voranzutreiben und plant, in Deutschland bis zu 10.000 Paketstationen zu errichten, mehr als 1.000 sollen es in Österreich werden. Dabei spielen Nachhaltigkeit und Effizienz eine zentrale Rolle, da das anbieterunabhängige System CO2-Emissionen reduzieren und den Paketversand insgesamt benutzer- und umweltfreundlicher gestalten soll.
Lukas Wieser ist Vater einer 3-jährigen Tochter und lebt mit seiner Familie in Salzburg. Er hat Tourism and Leisure Management am IMC Krems und Social Entrepreneurship in San Francisco und London studiert. Seine verschiedenen Tätigkeiten und Studien haben ihn unter anderem nach San Francisco, Australien, Chile, Kenia und Uganda geführt.
Was bedeutet für Sie als Gründer, „die Unternehmens-DNA“ zu haben?
Für mich bedeutet es vor allem Passion für neutrale, offene Infrastruktur, die jede und jeder nutzen kann. Bei myflexbox ist uns sehr wichtig, sinnvolle Systeme zu bauen, die keinen ausschließen. Wir erleben eine immer stärkere Urbanisierung und dass wir alle in unserem Alltag viel zu wenig Zeit haben. Deswegen ist die sinnvolle Raum-Nutzung durch effektive und vielfältige Systeme so wichtig. Ein anderes Merkmal unserer DNA ist der Pioniergeist. Netzwerke von Grund auf aufzubauen, erfordert Entschlossenheit, Durchhaltevermögen, aber auch Kreativität, um komplexe Herausforderungen zu lösen. On top ist es wichtig, den Spaß an der Sache nicht zu vergessen. Es ist ein Privileg, dass wir uns dieses große Vertrauen erarbeitet haben – und das genießen wir auch.
Was war Ihre ursprüngliche Vision bei der Gründung von myflexbox, und welche persönlichen oder beruflichen Erfahrungen haben Sie dazu inspiriert?
Die Vision war, das größte offene Netzwerk für Übergaben mit Fokus auf Pakete zu werden – in ganz Europa. Jetzt sind wir der europäische Leader der offenen Netzwerke, was die Bandbreite der Services betrifft und das größte offene Netzwerk in Österreich und Deutschland. Wir fahren den Plan also gut ab. Mich persönlich hat vor allem mein Großvater inspiriert: Er hat schon das Wasserleitungssystem in seiner Gemeinde nach dem Krieg aufgebaut. Früher gab es unter Bäuerinnen und Bauern auch den Deal, sich gegenseitig mit Holz und Arbeitsleistung zu versorgen, wenn ein Bauernhof abbrannte. Dieses Prinzip, sich gegenseitig zu helfen, diese Fairness und Idee der Inklusion zu leben, war in meinem Leben ein Thema, das mich immer wieder verfolgt hat. Der nachhaltige Umgang mit der Nutzung von Ressourcen war mir dann immer wichtiger. In San Francisco vor 10 Jahren habe ich an Beispielen wie Uber gesehen, was mit Technologie und schlauer Ressourcennutzung möglich ist. Dann hat mich meine Frau zurück nach Salzburg geführt, und so habe ich meine jetzigen Co-Founder Peter Klima und Jonathan Grothaus kennengelernt. Jeder von uns 3 hat eine andere Stärke, wir ergänzen uns einfach gut.
Welchen großen Herausforderungen standen Sie bei der Entwicklung von myflexbox gegenüber, und wie haben Sie und Ihr Team diese gemeistert?
Am Anfang galt es, unsere Investorinnen und Investoren von der Idee zu überzeugen: von der Vision zum konkreten Konzept, zum erfolgreichen Piloten und dann zu den ersten Roll-out-Schritten. Das Kernteam hat hier wirklich gute Arbeit geleistet, das ist nach wie vor das Fundament. Schritt für Schritt haben wir dann die großen Wins am Markt gefeiert und sind große Partnerschaften mit Paket-Dienstleistungsunternehmen und Standortpartnern österreichweit eingegangen. Das Vertrauen aufzubauen, dass wir das wirklich schaffen, war entscheidend. So eine Anfangszeit eines Start-ups ist mit viel Einsatz verbunden, aber eben auch magisch und einmalig. Dann kam der Schritt nach Deutschland und der massive Aus- und Aufbau des Teams. Dieser Schritt war dann eine neue Herausforderung, an der sind wir immer noch dran und justieren regelmäßig. Das Setting wird in kleinen Schritten step by step auf allen Ebenen verbessert. Das Wachstum von 3 auf 10, dann auf 20, 45 und jetzt fast 90 Mitarbeitende ist schon ein großer Prozess, der alle herausfordert: die Teammitglieder, die schon da sind, aber auch alle, die neu dazukommen. Dieser Know-how-Transfer, die DNA weiterzugeben, aber auch Neues zuzulassen, ist für alle Beteiligten ein großer Entwicklungsschritt, bei dem man sehr viel lernen kann. Wir Gründer sind allen dankbar, dass so viele tolle Menschen den Weg mit uns gehen. Seit ich myflexbox mit meinen Co-Foundern gegründet habe, sind wir immer wieder in einen Flow gekommen. Es gibt Zeiten, die auch mal schwierig sind, aber wenn man als Team zusammenhält, kann man alles schaffen.
Nachhaltigkeit ist ein Kernaspekt Ihres Geschäftsmodells. Können Sie erläutern, wie myflexbox dazu beiträgt, die Umweltbelastung in der Logistikbranche zu reduzieren?
Am Ende des Tages sparen wir den Fahrerinnen und Fahrern der Paket-Dienstleistungsunternehmen und allen, die ihre Pakete in der myflexbox abholen oder retournieren, einfach viele unnötige Wege. Für Paket-Dienstleistungsunternehmen macht es einen Unterschied, ob ich jeden Haushalt einzeln anfahren muss oder 10 Pakete gleichzeitig an einer myflexbox abgebe. Für alle Emfängerinnen und Empfänger macht es einen Unterschied, ob ich zu 5 verschiedenen Paketshops muss, die dann auch noch eingeschränkte Öffnungszeiten haben, oder eben alles in einer myflexbox abwickle. Durch unsere 24/7-Verfügbarkeit sind wir auch sehr beliebt für Retouren und den Versand von Paketen, weil unsere Standorte oft an günstig gelegenen Punkten platziert sind, wo ich sowieso täglich vorbeifahre. Im Schnitt sparen wir so bis zu 2,2 Tonnen CO2 pro myflexbox im Jahr.
Ihr Unternehmen integriert künstliche Intelligenz in die Verwaltung der Schließfächer. Wie nutzen Sie diese Technologie, um die Effizienz und Sicherheit Ihres Netzwerks zu verbessern?
Mein Co-Founder und CTO Peter Klima hat hier mit seinem Team einen hervorragenden Grundstein gelegt, der stetig weiterentwickelt wird. Ein gesundes Maß deterministischer Optimierungen und die Verwendung künstlicher Intelligenz bei myflexbox helfen unter anderem, die Kapazität der Fächer effizient zu managen. Die KI analysiert die Nutzungsmuster in Echtzeit, prognostiziert zukünftige Anforderungen und optimiert die Ausnutzung von Fächern. Dadurch werden Leerstände minimiert und Überbelegungen vermieden.
Welche Märkte oder Regionen sind für Sie besonders interessant, und was sind die größten Herausforderungen bei der internationalen Expansion?
Aktuell steht der Roll-out in Deutschland an vorderster Stelle. Parallel dazu wollen wir in Österreich, unserem Heimatmarkt, die erarbeitete Position weiter ausbauen. Die Kooperation mit der Post war ein wichtiger Puzzlestein: In Österreich können jetzt nahezu alle Pakete in einer myflexbox abgewickelt werden. Alle großen Paket-Dienstleistungsunternehmen sind unter einem Paketstationen-Dach vereint und bieten darüber hinaus die ganze Palette an Services an, wie Abholen, Versenden und Retournieren. Österreich ist damit das erste Land in Europa, wo in einem einzigen Paketstationen-Netzwerk alle großen Paketdienste vollständig integriert sind. In diesen beiden Märkten liegt aktuell unser voller Fokus. In beiden Ländern gibt es neben dem starken Portfolio an Paket-Dienstleistungsunternehmen eine große Anzahl an Standortpartnern, die unseren Smart-City-Gedanken zu 100 % mittragen. In über 500.000 Bewertungen von Nutzerinnen und Nutzern schneiden wir im Schnitt aktuell mit der Schulnote 1,3 ab. Die größere Herausforderung liegt sicher in Deutschland, hier sind wir gerade dabei, uns die Position, die wir in Österreich schon haben, Step by Step zu erarbeiten. Man merkt aber, dass mit jeder neuen myflexbox, jeder neuen Stadt, in die wir expandieren, und jedem neuen Paket-Dienstleistungsunternehmen, das dazukommt, ein Ruck durch eine Expansion geht, das tut gut!
Was ist Ihre Empfehlung für alle, die ein Start-up gründen wollen?
Generell empfehle ich allen, sich der Tatsache bewusst zu sein, dass man nie herausfinden wird, ob es funktioniert, wenn man es nicht probiert. Es ist wichtig, dass man über Misserfolge hinwegkommt und sich immer wieder traut, nach dem Maximum zu streben, also sprichwörtlich nach den Sternen zu greifen. Meiner Erfahrung nach gelingt das am wahrscheinlichsten, wenn man sich mit den besten Leuten umgibt. Für mich sind das Menschen, die einen inspirieren, die loyal sind, Durchhaltevermögen haben und sich gegenseitig motivieren, statt runterzuziehen. Mit ihnen kann man auch mal durch schlechte Zeiten gehen, man freut sich über Erfolge der anderen und hebt sich gegenseitig hoch. Der Erfolg kommt einem nicht zugeflogen, aber mit einem guten Team und der richtigen Mentalität ist alles möglich.