Story

Innovationsprojekt: Pflege-Studierende leiten eine Station

Vertrauen in die nächste Generation von Pflegefachkräften: Erfahren Sie in diesem spannenden Interview, wie Wolfgang Sissolak, Absolvent des Master-Studiengangs Advanced Nursing Practice am IMC Krems, durch Mut, Innovation und Leadership das Gesundheitswesen in Österreich prägt und sich an innovative Projekte mit Studierenden heranwagt.

Porträt von Wolfgang Sissolak
„Es gibt kaum einen Beruf, der so erfüllend ist wie die drei Berufsbilder der Gesundheits- und Krankenpflege. Du arbeitest mit Menschen, begleitest sie in den unterschiedlichsten Lebensphasen und rettest dabei im wahrsten Sinne des Wortes Leben“, ist Wolfgang Sissolak überzeugt.

Wolfgang Sissolak ist eine der prägenden Persönlichkeiten im österreichischen Gesundheitswesen. Als Pflegedirektor des Göttlichen Heiland Krankenhauses Wien und Vorsitzender des Pflegemanagements der Vinzenz Gruppe setzt er sich mit voller Überzeugung für innovative Ausbildungsmodelle und die Zukunft der Pflege ein. Ein besonderes Highlight seiner Arbeit ist das wegweisende Projekt „Auszubildende führen eine Station“, das gemeinsam mit der IMC Krems University of Applied Sciences umgesetzt wurde. In diesem Projekt leiten Studierende eigenständig eine Station und sammeln wertvolle praktische Erfahrungen, die über die klassische Pflegeausbildung hinausgehen.

Im Interview gibt Wolfgang Sissolak Einblicke in die Herausforderungen dieses Projekts, seine Visionen für die Pflegeausbildung und wie er die Zukunft des Gesundheitswesens gestaltet.

Was waren die größten Herausforderungen und Erkenntnisse beim Projekt „Auszubildende führen eine Station“?

„Es brauchte vor allem eins: Mut! Die Bereitschaft zu sagen: 'Ja, ich will das!' Ohne ein engagiertes Team, das diese Vision getragen und in die Tat umgesetzt hat, wäre es nicht möglich gewesen. Eine der größten unerwarteten Herausforderungen zu Beginn war banal – wir mussten ausreichend Garderobenplätze für die Studierenden organisieren. Wer hätte gedacht, dass so etwas so viel Zeit in Anspruch nehmen würde? Viele der befürchteten Probleme blieben jedoch aus. Was man wirklich braucht, ist eine klare Struktur, die vorab gut durchdacht ist. Dazu kam die entscheidende Unterstützung von Seiten der IMC Krems und dem Vinzentinum Wien – beides Partner, die bereit waren, dieses Wagnis mit uns einzugehen. Besonders stolz bin ich auf die Studierenden, die sich mit Begeisterung und Verantwortungsbewusstsein in das Projekt gestürzt haben. Die Ergebnisse waren beeindruckend: eine hohe Zufriedenheit bei allen Beteiligten und viele ehemalige Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die heute fest in unserem Team arbeiten.“

Welche langfristigen Auswirkungen erwarten Sie von diesem Projekt auf die Ausbildung und die Praxis der Pflegekräfte?

„Das Projekt vermittelt genau die Fähigkeiten, die in der Pflegeausbildung oft zu kurz kommen. Es ist ein riesiger Unterschied, ob man nur für ein Zimmer oder für die gesamte Station verantwortlich ist. Hier lernen die Studierenden, den gesamten Pflegeprozess zu managen: von der Aufnahme neuer Patientinnen und Patienten über die Planung und Steuerung des Pflegeprozesses bis hin zur Delegation von Aufgaben an andere Berufsgruppen. Diese Art der interdisziplinären Zusammenarbeit ist essenziell. Die Fähigkeit, in kritischen Situationen Prioritäten zu setzen, ist absolut entscheidend. Und durch diese praxisnahe Erfahrung entwickeln die Studierenden nicht nur ihr Fachwissen weiter, sondern auch eine starke Bindung zu uns. Viele von ihnen bleiben uns als wertvolle Fachkräfte erhalten.“

Was hat Sie motiviert, eine Karriere im Gesundheitswesen anzustreben?

„Meine Wurzeln liegen eigentlich in einem ganz anderen Bereich. Aufgewachsen in einem Familienunternehmen, übernahm ich früh den IT-Support und habe mich später sogar für ein Wirtschaftsinformatik-Studium eingeschrieben. Doch das war nicht der richtige Weg für mich. Dann habe ich mich auf meine Erfahrungen im Zivildienst beim Roten Kreuz fokussiert, und plötzlich wusste ich, was ich wirklich tun wollte. Die Arbeit mit Menschen hat mich tief beeindruckt und geprägt. Dieser Moment war der Wendepunkt, und ich entschied mich für die Gesundheits- und Krankenpflege. Zehn Jahre lang habe ich ehrenamtlich beim Roten Kreuz gearbeitet – eine Zeit, die mir unvergesslich bleibt. Schon während meiner Ausbildung wusste ich, dass ich eines Tages Pflegedirektor sein möchte. Dass es dann so schnell ging, habe ich nicht erwartet, aber ich bin jeden Tag dankbar dafür.“

Wie haben sich Ihre Führungsprinzipien im Laufe Ihrer Karriere entwickelt?

„Authentizität ist für mich das A und O. Ich verlange nichts von meinem Team, was ich nicht auch selbst tun würde. Diese Vorbildfunktion ist mir wichtig. Ich habe auch gelernt, dass es viele Wege gibt, ein Ziel zu erreichen. Man muss Menschen den Raum geben, eigene Lösungen zu finden, auch wenn das bedeutet, dass sie einen anderen Weg gehen, als man selbst gewählt hätte. Nur so können sie wirklich wachsen. Veränderungen erfordern Mut. In unserer Position haben wir die Verantwortung, den Wandel aktiv zu gestalten – auch wenn das nicht immer populär ist. Der Erfolg stellt sich oft erst später ein, aber die Geduld lohnt sich.“

Welche Herausforderungen haben Sie als Pflegedirektor gemeistert, und was hat Sie dabei unterstützt?

„Die Pandemie war ohne Frage eine gewaltige Herausforderung – und ist es bis heute. Der Fachkräftemangel in der Pflege, aber auch in vielen anderen Berufen, hat uns zusätzlich gefordert. Doch gleichzeitig hat uns diese Zeit neue Wege eröffnet. Wir mussten radikal umdenken und haben Dinge umgesetzt, die unter normalen Umständen viel länger gedauert hätten. Diese Krise hat uns gezeigt, wie flexibel und innovativ wir sein können. Das sehe ich als Chance.“

Wie hat die Digitalisierung das Pflegemanagement und die Patientenversorgung in Ihrem Krankenhaus verändert?

„Digitalisierung ist eine unglaubliche Chance, und ich stehe als Technik-Enthusiast voll dahinter. Wir haben bei uns im Göttlicher Heiland Krankenhaus ein Personal- und Qualitätskennzahlen-Dashboard etabliert. Diese Kennzahlen geben uns eine klare Orientierung. Sie sind unser Navigationssystem, mit dem wir unsere Prozesse ständig verbessern. Früher mussten wir viele dieser Daten manuell erheben – das gehört jetzt der Vergangenheit an. Dank der Digitalisierung können wir viel schneller und präziser reagieren, was die Qualität der Patient*innenversorgung deutlich verbessert.“

Welche Rolle spielt die Ausbildung von Fachkräften in Ihrer täglichen Arbeit?

„Die Ausbildung unserer Pflegefachkräfte ist für mich absolut zentral. Ich bin überzeugt davon, dass wir unsere zukünftigen Pflegekräfte nicht nur gut ausbilden, sondern auch fördern und motivieren müssen. Die drei Berufsbilder der Pflege in Österreich entwickelt sich ständig weiter, und das Lernen hört niemals auf. Gleichzeitig arbeiten wir auch an neuen Berufsfeldern, wie etwa dem Advanced Nursing Practice (ANP), das für uns schon jetzt ein wichtiger Teil der Zukunft ist und hoffentlich bald das vierte gesetzlich definierte Berufsbild darstellt. Diese Weiterentwicklung bereichert nicht nur unsere Teams, sondern kommt auch direkt den Patientinnen und Patienten zugute.“

Was würden Sie jungen Menschen raten, die eine Karriere in der Gesundheits- und Krankenpflege bzw. in Advanced Nursing Practice anstreben?

„Es gibt kaum einen Beruf, der so erfüllend ist wie die drei Berufsbilder der Gesundheits- und Krankenpflege. Du arbeitest mit Menschen, begleitest sie in den unterschiedlichsten Lebensphasen und rettest dabei im wahrsten Sinne des Wortes Leben. Die Entwicklungsmöglichkeiten sind enorm, egal ob man direkt nach der Schule (mit oder ohne Matura) beginnt oder später in den Beruf einsteigt. In der Pflege gibt es viele Spezialisierungen, von der Akutpflege bis zur Langzeitpflege, und die Möglichkeit, innerhalb der Disziplin zu wechseln. Diese Flexibilität und Vielfalt machen den Beruf so besonders – und das Beste daran: Jeder Tag bringt neue Herausforderungen und Chancen.“

Master-Studiengang Advanced Nursing Practice