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Hebammentag: Staunen über die menschliche Natur
Wie sind Sie ans IMC Krems gekommen und wie lange sind Sie schon hier?
Vor mittlerweile elf Jahren wurde ich von der damaligen Studiengangsleiterin Margarita Kindl angefragt, eine Lehrveranstaltung zum Thema außerklinische Geburtshilfe zu übernehmen. Es war eine reizvolle Aufgabe, angehenden Kolleginnen und Kollegen einen kleinen Ausschnitt des umfangreichen Spektrums der Hebammenarbeit vermitteln zu dürfen und dabei die Erfahrungen aus 20 aktiven Berufsjahren einfließen zu lassen. Seit November 2023 habe ich die noch reizvollere, weil umfangreichere Möglichkeit als Studiengangsleitung die berufliche Biografie und Entfaltung von Hebammen mitzugestalten.
Was waren Ihre Beweggründe, den Studiengang Hebammen zu leiten?
Die Möglichkeit, jungen Menschen den Weg gestalten, ihnen Möglichkeiten aufzeigen und ihr berufliches Selbstverständnis fördern zu können, ist ein großer Antrieb. Traditionelles Wissen abzusichern, indem es an künftige Generationen weitergegeben wird, erachte ich als Verantwortung und Verpflichtung dem Beruf als auch den zu betreuenden Familien gegenüber. Darauf aufbauend wird den angehenden Hebammen die Notwendigkeit und Bedeutung der wissenschaftlichen Methodik und das praktische Tun auf evidenzbasierten Grundlagen vermittelt. An der Dynamik im Studiengang mitwirken zu können, erachte ich als einen „nachhaltigen“ Weg, den Beruf Hebamme in seiner Qualität und seinem Wirkungsbereich zu bewahren.
Was ist das Einzigartige am Studiengang Hebammen am IMC Krems?
Einzigartig sind die Studierenden, die mit ihrem Enthusiasmus, ihrer Leistungsbereitschaft, ihrem Wissensdurst, ihren Zweifeln, ihrer Ausdauer, ihrer Motivation und ihrer Dankbarkeit wesentlich zur Entwicklung und zur Beständigkeit des Studiengangs beitragen. Diese Vielfalt und Energie hoffen wir durch umfangreiche Praxismöglichkeiten, ein inspirierendes Lernumfeld und eine gute Portion Spaß zu unterstützen. Die Region direkt an der Donau und das Areal des IMC Krems sind zudem eine ausgesprochen freundliche Kulisse, deren Ausstrahlung sich offensichtlich auf Mitarbeitende, Studierende sowie Besucherinnen und Besucher überträgt.
Gibt es Pläne als Studiengangsleiterin? Wohin soll die Reise gehen? Was wünschen Sie sich für die Zukunft des Studiengangs?
Lebendig soll der Studiengang sein, mit Weitblick, Offenheit und einer harmonischen Mischung aus etablierten und zukunftsweisenden Erkenntnissen. Hebammen werden fachlich vorbildlich qualifiziert sein und dabei den Respekt, die Demut und das Staunen vor den Geschehnissen der menschlichen Natur bewahren. Die Nachfrage nach dem Beruf und einem Studienplatz möge anhalten, die Studierenden, Absolventinnen und Absolventen mögen innovativ sein, sie mögen neue Arbeitsmodelle für Hebammen etablieren, neue Betreuungsmodelle für Familien schaffen, sie mögen die sichersten Bedingungen für Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett erforschen, sie mögen interessiert bleiben und sie mögen stolz auf ihre Ausbildung am IMC Krems sein.
Mit welchem Forschungsschwerpunkt beschäftigen Sie sich? Und was fasziniert Sie an diesem Forschungsbereich besonders?
Was und wie Hebammen zum gesunden Verlauf von Empfängnis, Schwangerschaft, Geburt und Elternschaft beitragen können, liegt in meinem Fokus. Das beginnt bei der inneren Haltung zu diesen Themen, setzt sich fort zur (noch zu etablierenden) frei wählbaren Betreuung in der Schwangerschaft durch Hebamme und/oder Mediziner*in, zu Hebammenpraxen, Geburtshäusern, dem hebammengeleiteten Kreißsaal und der Hausgeburt. Das alles eingebettet in ein stabiles Eins-zu-eins-Betreuungssystem, von dem mehrfach belegt ist, dass es wesentlich zur Sicherheit rund ums Kinderkriegen beiträgt. Daraus resultierende Überlegungen zu zeitlichen und finanziellen Verteilungen innerhalb des Gesundheitssystems stellen ebenfalls interessante Forschungsthemen dar.
Gibt es ein aktuelles Projekt, an dem Sie forschen?
Die Einarbeitung als Studiengangsleiterin während dem laufenden Studienbetrieb fordert meine ungeteilte Aufmerksamkeit und große Sorgfalt, derzeit befindet sich meine Forscherseele im Stadium der Ideensammlung.
Zur Zusammenarbeit mit Studierenden: Was nehmen Sie für sich mit und was geben Sie ihnen auf ihrem Weg mit?
Studierende sind Augenöffner, sie motivieren, sie inspirieren, sie fordern heraus, sie sind dankbare Zuhörerinnen und Zuhörer, sie ermuntern zum Weiterlernen und Dranbleiben. Den Studierenden rate ich, selbst aufmerksam zu bleiben, Wege zu suchen, die sie an ihren beruflichen Wohlfühlort bringen und immer wieder zu reflektieren – sich selbst und ihre Umgebung. Es bedarf immer wieder einer inneren Einkehr, um Stagnation und Mitgefühlsmüdigkeit abzufangen. Mögen sie frauenzentrierte, gemeinschaftliche Geburtskultur leben und damit ein Stück weit zu Harmonie und Zuversicht in der Welt beitragen.
Was schätzen Sie am IMC Krems?
Jeden Tag freue ich mich über die Unvoreingenommenheit aller Mitarbeitenden, die motivierende Unterstützung, das wohlwollende Miteinander, die herzliche Atmosphäre. Es bereichert mich, zu sehen, welche Vielfalt gelebt wird, wie sowohl die Lehre als auch die Forschung gefördert werden. Und natürlich wo und wie das IMC Krems verortet ist, ein exorbitant schöner Platz zum Arbeiten.
Ulrike Schuster als Privatperson: Was inspiriert Sie? Was motiviert Sie?
Die Quelle meiner Inspiration und Motivation ist meine Familie. Aber auch aufs Meer schauen, ein Kinderlachen, ein Dankeschön, das Gelingen von Neuem, ein Schwarm Weißstörche zu Frühlingsbeginn, ein Schulterklopfen von Freund*innen, Überwinden von Zweifeln, und fast alles, was Musik genannt wird.
Wo finden Sie Ausgleich zur Arbeit?
Meine arbeitsfreie Zeit verbringe ich im Auto, im Wald, im Restaurant, im Kino, im Theater, in der Oper, vorm TV, auf Konzerten, auf der Couch, auf der Tanzfläche, am Sportplatz, im Wasser, in der Küche, beim Bügeln, bei Veranstaltungen, im Bett, auf Festen, beim Kabarett, im Supermarkt, im Internet oder in der Sauna.
Was ich noch sagen will…:
Glückskinder werden mit intakter Fruchtblase geboren – dieses seltene Privileg wurde mir zuteil und offensichtlich verlässt mich dieses Glück auch nach 55 Jahren nicht. Meine Dankbarkeit für dieses erquickliche Leben geht über jedes verfügbare Wort hinaus. Möge es mir gelingen, dieses Gefühl, dieses Geschenk an möglichst viele Menschen weitergeben zu können.