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Nachhaltigkeit ist gefragt
Vom Professor zum Studiengangsleiter: Wie sind Sie ans IMC Krems gekommen, wie lange sind Sie schon hier?
Ich bin seit eineinhalb Jahren am IMC Krems. Es gab eine Ausschreibung für eine Professur mit einem inhaltlichen Schwerpunkt auf Wertschöpfungsketten – und das hat inhaltlich sehr gut zu mir gepasst! Und es freut mich sehr, dass ich nun die Leitung des Master-Studiengangs Umwelt- und Nachhaltigkeitsmanagement übernehmen durfte.
Was ist das Einzigartige am Studiengang Umwelt- und Nachhaltigkeitsmanagement?
Der Master-Studiengang Umwelt- und Nachhaltigkeitsmanagement am IMC Krems hat das Ziel, die besten Nachhaltigkeitsmanger*innen im deutschsprachigen Raum auszubilden. Vergleichbare Studiengänge haben meist einen stärkeren Technikfokus, während wir einen größeren Schwerpunkt auf Wirtschafts- und Managementfächer legen. Mit der Ausbildung werden unsere Studierenden auf die größte gesellschaftliche Herausforderung des 21. Jahrhunderts vorbereitet: die Transformation unseres Wirtschaftssystems hin zu mehr Nachhaltigkeit. Unsere Absolvent*innen sind daher bestens vorbereitet, die im Kontext des Green Deal entstandenen neuen Anforderungen an Unternehmen und öffentliche Institutionen umzusetzen. Sie haben dementsprechend auch eine gewaltige Auswahl an beruflichen Möglichkeiten und Jobs. Nachhaltigkeit ist gefragt!
Gibt es Pläne als Studiengangsleiter? Wohin soll die Reise gehen? Was wünschen Sie sich für die Zukunft des Studiengangs?
Der Bereich Umwelt- und Nachhaltigkeitsmanagement ist sehr dynamisch. Es ist daher wichtig, aktuelle Themen wie Circular Economy bzw. Circular Supply Chains sowie die neuen Anforderungen an Unternehmen im Kontext der kommenden Berichtslegungspflichten gut im Studiengang abzubilden. Das gelingt uns auch sehr gut. Für die Zukunft wünsche ich mir, dass wir weiterhin so viele engagierte und motivierte Studierende am IMC Krems haben!
Warum sind Sie in die Wissenschaft gegangen und wie hat sich Ihre Karriere entwickelt?
Nach meinem Studium an der Wirtschaftsuniversität Wien habe ich als wissenschaftlicher Mitarbeiter bei der Österreichischen Forschungsstiftung für Internationale Entwicklung (ÖFSE) gearbeitet und ich konnte mich in verschiedenste spannende Forschungsprojekte im Bereich Nachhaltigkeit und Resilienz von Wertschöpfungsketten einbringen. Wir haben sowohl Auftragsforschung für bedeutende Akteure, wie das Europäische Parlament oder Ministerien, als auch klassische Grundlagenforschung durchgeführt. Bei der ÖFSE habe ich sehr viel gelernt, von meinen Kolleg*innen, aber auch im Rahmen von Feldforschung in der EU und im Globalen Süden.
Die Feldforschung war zudem die Basis für Publikationen in wissenschaftlichen Journals und auf diese Weise konnte ich „nebenbei“ mein Doktorat der Sozial- und Wirtschaftswissenschaften an der Wirtschaftsuniversität Wien machen. Als nebenberuflicher Lektor in volkswirtschaftlichen Fächern, vor allem an der FH bfi, konnte ich zudem viel Lehrerfahrung sammeln. Das alles war Voraussetzung dafür, dass ich am IMC Krems zuerst die Fachhochschulprofessur und danach die Studiengangsleitung für Umwelt- und Nachhaltigkeitsmanagement übernehmen konnte. Und dafür bin ich sehr dankbar.
Mit welchem Forschungsschwerpunkt beschäftigen Sie sich? Und was fasziniert Sie an diesem Forschungsbereich besonders?
Mein Forschungsschwerpunkt ist die Analyse von Nachhaltigkeit und Resilienz in globalen Wertschöpfungsketten. Wesentliches Element der globalen Wertschöpfungskettenanalyse – neben der Analyse von Handels- und Sektordaten – ist das Durchführen von Feldforschung auf Basis von semi-strukturierten Interviews. Hier habe ich schon in den verschiedensten Sektoren (Medizinprodukte, Pharmazeutika, Leder und Lederprodukte, Textil und Bekleidung sowie einer Reihe von Industrien zur Verarbeitung von landwirtschaftlichen Gütern, wie z.B. Kakao, Mango, Olivenöl, …) und Ländern (neben der EU z.B. auch Vietnam, Ghana, Äthiopien, Tunesien, Côte d'Ivoire, Mozambique, …) gearbeitet. Das war natürlich unglaublich lehrreich und spannend.
Besonders gut finde ich an der globalen Wertschöpfungskettenanalyse – und das sage ich als jemand mit einer Affinität für die Makroökonomie – dass komplexe globale Probleme auf einem niedrigeren Abstraktionsgrad diskutiert werden können. Aus der eher abstrakten Circular Economy werden z.B. konkrete Circular Supply Chains – mit sektor- und produktspezifischen Problemen und Möglichkeiten. Außerdem versuche ich, auch politikwissenschaftliche Elemente in meine Arbeit miteinzubeziehen. Will man die heutige Welt und die Möglichkeiten und Grenzen für gesellschaftliche Transformation hin zu mehr Nachhaltigkeit verstehen, so geht das nicht ohne eine Analyse der bestehenden Machtverhältnisse. Und der Nachhaltigkeitsbegriff selbst ist ja auch umkämpft.
Gibt es ein aktuelles Projekt, an dem Sie forschen?
Aktuell führe ich in Zusammenarbeit mit der Gesundheit Österreich GmbH (GÖG), dem Forschungs- und Planungsinstitut des Gesundheitsministeriums, eine Studie zur nachhaltigen Beschaffung von Medizinprodukten und Pharmazeutika durch. Der Gesundheitssektor ist für ca. 7% der gesamtösterreichischen CO2-Emissionen verantwortlich, wobei der größte Anteil (ca. 38%) auf Medizinprodukte und Pharmazeutika entfällt. Die Emissionen entstehen dabei fast ausschließlich nicht direkt im Gesundheitssystem, sondern indirekt in den Lieferketten. Dabei stehen wir vor einer doppelten Herausforderung: Beim Einkauf der vorrangig öffentlichen Institutionen wurde bisher kaum auf Nachhaltigkeit geachtet; gleichzeitig fehlt es oft an einem Angebot an nachhaltigen Produkten, weil sie zu wenig gekauft wurden. Deshalb fällt es auch nachhaltigeren Beschaffungsorganisationen schwer, nachhaltige Produkte zu kaufen. Nachhaltige Beschaffung muss daher in die Breite getragen werden, damit die Marktmacht der nachhaltig einkaufenden Beschaffungsorganisationen wächst, die Produktion umgestellt wird und die CO2-Emissionen sinken.
Zur Zusammenarbeit mit Studierenden: was nehmen Sie für sich mit bzw. was geben Sie ihnen auf ihrem Weg mit?
Mir ist ein kritischer und wissenschaftlicher Blick auf die Welt sehr wichtig und den versuche ich auch zu vermitteln. Außerdem möchte ich meine Begeisterung für „meine Themen“ an die Studierenden weitergeben. Und die schönsten Momente in der Lehre sind für mich lebhafte und wertschätzende Diskussionen mit breiter Beteiligung: da lerne auch ich viel!
Was schätzen Sie am IMC Krems?
Das IMC Krems ist eine dynamische, moderne und internationale Hochschule mit großen Zielen. Qualität in Forschung und Lehre wird hier großgeschrieben – und das ermöglicht uns auch eine gute Verbindung zwischen Theorie und Praxis. Und das Beste ist: hier gibt es den Master-Studiengang Umwelt- und Nachhaltigkeitsmanagement mit den motiviertesten Studierenden in Krems und weit darüber hinaus! ;)
Jan Grumiller als Privatperson: Was inspiriert Sie? Was motiviert Sie?
Fragen zu sozialer Gerechtigkeit und ökologischer Nachhaltigkeit haben mich schon immer bewegt. Und Forschung und Lehre sind wichtige Eckpfeiler der gesellschaftlichen Transformation – das motiviert mich!
Wo finden Sie Ausgleich zur Arbeit?
Ich habe Kinder und bin leidenschaftlicher Papa. Meine Energie gehört meiner Familie. Und dazwischen versuche ich, ausreichend Sport zu machen, damit es dem Körper gut geht und ich klar denken kann.
Über Jan Grumiller
Prof.(FH) Mag. Dr. Jan Grumiller ist Fachhochschulprofessor und Leiter des Studiengangs Umwelt- und Nachhaltigkeitsmanagement an der IMC Krems University of Applied Sciences. Er ist promovierter Ökonom (Wirtschaftsuniversität Wien) und war sieben Jahre lang bei der Österreichischen Forschungsstiftung für Internationale Entwicklung (ÖFSE) im Fachbereich Weltwirtschaft und Entwicklung als wissenschaftlicher Mitarbeiter sowie acht Jahre lang als externer Lektor an der Fachhochschule des bfi Wien tätig. Seine Forschungsschwerpunkte liegen in den Bereichen Nachhaltigkeit und Resilienz von globalen Wertschöpfungsketten sowie Industriepolitik.
IMC Sustainability Café
Der Podcast IMC Sustainability Café widmet sich dem Thema Nachhaltigkeit und der gesellschaftlichen Verantwortung, die für das IMC Krems als Hochschule relevant sind.
Jan Grumiller war zu Gast im Podcast und spricht mit Victoria Englmaier über seinen Weg an das IMC Krems und seine Forschungsschwerpunkte. Er erklärt, warum das Thema Nachhaltigkeit so komplex ist, warum jedes Produkt einzeln betrachtet werden muss und was er in Ghana erforscht hat. Natürlich wird auch über den Studiengang Umwelt- und Nachhaltigkeitsmanagement gesprochen.